In Bochum kommen einige Pflanzenarten vor, die Naturschützer vor Aufgaben stellen: Naturschützer ziehen los, um Pflanzen auszugraben oder auszureißen – sogar in Schutzgebieten.
Das wirkt auf den ersten Blick überraschend. Bringen wir also Licht ins Dunkle.
Bei den ausgegrabenen Pflanzen handelt es sich um invasive Neophyten. Diese Benennung rührt nicht von einer nahen Verwandtschaft zueinander her.
- Mit invasiv wird die Eigenschaft dieser Pflanzen beschrieben, durch ihre Wuchsstärke flächendeckende Bestände zu bilden und so andere Pflanzen zu verdrängen, da sie diesen das Licht wegnehmen.
- Mit Neophyten wird darauf verwiesen, dass diese Pflanzen durch menschliche Einflussnahme hierzulande anzutreffen sind.
Problematisch für Naturschützer sind geschlossene Pflanzenbestände, weil dadurch die Artenvielfalt begrenzt wird. Verschärfend kommt dazu, dass hiervon auch Tiere betroffen sind: Vielfach sind Insekten auf bestimmte Pflanzen angewiesen, deren Verschwinden zum Verschwinden dieser Insektenarten führt. Als Folge dessen können auch andere Tierarten ihre Lebengrundlage und Lebensraum verlieren, wenn sie auf eine große Zahl dieser Insekten als Nahrung angewiesen sind, z. B viele Vogelarten. So können Meisen in Gebieten mit vielen invasiven Neophyten regelmäßig wesentlich weniger Jungtiere großziehen als in Gegenden mit heimischer Flora (mündliche Mitteilung von Dr. Fritz Ludescher, ehem. Ökologe an der Essener Uni). Die auch Biodiversität genannte Artenvielfalt ist ein wichtiger Faktor für die Stabilität eines Ökosystems: Eine geringe Artenvielfalt führt zu starken Schwankungen im Bestand der einzelnen Arten und kann darüber hinaus Arten zum Aussterben bringen.
Von den etwa 50 Arten, die als invasive Neophyten bezeichnet werden, bekämpft der AkU drei Arten. Diese drei Arten bevorzugen feuchte Standorte in Bach- und Flussauen. Es sind dies die Herkulesstaude, das Drüsige Springkraut und der Japanische Staudenknöterich, der auch an trockeneren Standorten wie zum Beispiel an Straßenrändern und Eisenbahnböschungen wächst.
Auf Grund der Verdrängungseffekte einheimischer Pflanzen ist die Bekämpfung dieser drei Arten insbesondere in Naturschutzgebieten sinnvoll, aber nur mit großem Aufwand durchzuführen. Alle drei Arten brauchen sonnige Standorte. Das Anpflanzen von größeren Bäumen, die möglichst bald ein geschlossenes Kronendach bilden, kann diese Neophyten zurückdrängen. Ansonsten ist das Ausgraben oder Ausreißen die beste Beseitigungsmöglichkeit.
Nachdem der AkU bereits in den 90iger Jahren Herkulesstauden bekämpft hat, führt er seit 2004 in Absprache mit den zuständigen Behörden regelmäßige Bekämpfungsmaßnahmen und Kontrollen, insbesondere in Bochumer Naturschutzgebieten, durch. Hierfür sind jederzeit HelferInnen erwünscht, auch wenn diese nur gelegentlich mitmachen können. Wenn Sie Standorte des Drüsigen Springkrautes und der Herkulesstaude außerhalb der Ruhraue kennen, teilen Sie uns diese doch bitte mit.
Damit ist klar: Eine Aussaat oder ein Auspflanzen dieser Arten ist nicht sinnvoll, sondern aus oben genannten Gründen sogar verboten.
Gemäß Artikel 8 h) des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt muss das Einbringen solcher Arten verhindert und bereits etablierte Arten kontrolliert oder beseitigt werden.
§ 40 Bundesnaturschutzgesetz: Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten(1) Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um einer Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen und Arten durch Tiere und Pflanzen nichtheimischer oder invasiver Arten entgegenzuwirken.
(4) Das Ausbringen von Pflanzen gebietsfremder Arten in der freien Natur sowie von Tieren bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. ……. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist.
Hierzu das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz: Nach § 61(3) Landschaftsgesetz dürfen gebietsfremde Pflanzen wild lebender und nicht wild lebender Arten nur mit Genehmigung der Höheren Landschaftsbehörde in der freien Natur angesiedelt werden. Die Genehmigung ist hier zu versagen, weil durch invasive Neophyten eine Gefährdung des Bestandes oder der Verbreitung heimischer wild lebender Pflanzenarten oder von Populationen nicht auszuschließen ist.
Es gibt auch Tierarten, welche durch menschlichen Einfluss bei uns angesiedelt wurden. Hier sind z. B. der Waschbär, das Nutria, die Kanadagans, die Regenbogenforelle und der Graskarpfen sowie viele Insektenarten zu nennen. All diese Tiere bezeichnet man als Neozoen. Neobiota ist der übergeordnete Name gleichzeitig für Neophyten und Neozoen.