Grundsätzlich ist ein Klimaschutzgesetz NRW zu begrüßen. Dies gilt insbesondere, da NRW ein solches Gesetz als erstes Bundesland beschließen will und nicht auf ein Bundesgesetz wartet.
Zu begrüßen ist ebenfalls, dass der Aufwand für die von den Kommunen geforderte Aufstellung von Klimaschutzplänen finanziell ausgeglichen werden soll (Belastungsausgleich).
Es fehlen aber Verpflichtungen, diese Klimaschutzpläne auch kurzfristig umzusetzen. Ein weiteres Manko liegt darin, dass das Gesetz sehr unkonkret formuliert ist und die Ausgestaltung des Klimaschutzplanes des Landes nicht zusammen mit dem Gesetz verabschiedet werden soll, was eine detaillierte Beurteilung unmöglich macht.
Darüber hinaus hat der Gesetzentwurf leider gleich mehrere gravierende Geburtsfehler:
Treibhausgasreduzierung
Das Reduktionsziel des Gesetzentwurfes orientiert sich an politisch festgelegten Werten, wobei es trotzdem noch weit unter den Zielen der Bundesregierung bleibt. Es muss sich aber auf naturwissenschaftlich begründete Einsparnotwendigkeiten beziehen, da diese auf Grund nicht veränderbarer Naturgesetze gültig sind.
Malte Meinshausen et al. haben 2009 eine Metastudie veröffentlicht. Dabei wurden 18 Studien zusammenfasst. Bemerkenswert ist, dass die einzelnen Studien auf unterschiedlichen Klimamodellen basieren. (Greenhouse-gas emission targets for limiting global warming to 2 °C, Nature, Vol 458, 30 April 2009, p 1158–1163, doi:10.1038/nature08017). Dies ist die meist zitierte naturwissenschaftliche Veröffentlichung des Jahres 2009. Gegen die Ergebnisse ist bisher kein Widerspruch bekannt geworden.
In dieser Studie zeigen sie, dass zwischen 2000 und 2049 nur noch 1500 Gt CO2-Äquivalente weltweit emittiert werden dürfen, wenn die 2°-Grenze nicht überschritten werden soll. Da in den 8 Jahren zwischen 2000 und 2008 bereits 500 Gt CO2-Äquivalente emittiert wurden, dürfen in den folgenden 42 Jahren nur noch 1000 Gt CO2-Äquivalente emittiert werden. Teil man diese Menge gleichmäßig auf die in diesem Zeitraum durchschnittlich lebenden Menschen auf (ca. 7,5 Milliarden) – jeder Mensch hat das Recht gleichviel Treibhausgase zu emittieren (weltweite Gerechtigkeit entsprechend den Agenda 21 Postulaten –, so darf jeder Mensch bis 2050 noch 1000/7,5 = 135 t CO2-Äquivalente emittierten.
Hieraus ergibt sich, das in Deutschland jedes Jahr gegenüber dem Vorjahr 9 % Treibhausgase eingespart werden müssen. Dies sind 60 % bis 2020 gegenüber 2008 beziehungsweise 70 % gegenüber 1990.
Eine Tabelle dazu folgt im Anhang an den Artikel. Die Werte für NRW lassen sich nicht ableiten, da der Anteil NRWs an der Treibhausgasemission der Bundesrepublik offen ist.
Nach der Meinshausenstudie dürfen maximal noch 25 % der als wirtschaftlich förderbar bekannten fossilen Energieträger verbrannt werden. Der Weltklimarat hat bei der Vorstellung des letzten IPCC-Berichtes eindringlich darauf hingewiesen, dass die Welt nur noch wenige Jahre Zeit hat um effektive Klimaschutzmaßnahmen einzuleiten. Dies ist bereits fast fünf Jahre her.
Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse müssen daher zügig und stringent umgesetzt werden. Nur so ist es möglich, andere Länder wie China, Indien, Südafrika und Brasilien davon zu überzeugen, dass es zu ihrem Vorteil ist effektive Klimaschutzmaßnahmen ergreifen.
Die zuvor beschriebenen Reduktionsnotwendigkeiten sind aber zu gering angesetzt: Mittlerweise ist klar, dass die Folgen einer Temperaturerhöhung der Atmosphäre von 2°C nicht beherrschbar sind. Die vertretbare Temperaturerhöhung liegt bei ca. 1,5°C (siehe beispielsweise Prof. Dr. M. Fischedick, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Mündliche Mitteilung beim Landtagstalk Klima und Energiewende, SPD-Landtagsfraktion, 11.01.2012, Düsseldorf)
Wachstumsparadigma
Stetiges Wachstum über Jahrzehnte ist in der begrenzten realen Welt nicht möglich. Es stößt an Grenzen, welche unausweichlich zu Verteilungskämpfen (Kriegen) um verbliebene Ressourcen führen. Hierfür gibt es bereits Beispiele, wie den Sechstage-Krieg um die Golanhöhen bei dem es auch um Ressourcen, in diesem Falle um die Quellen des Jordans und damit die Verfügungsgewalt über Wasser ging. Weitere Beispiele sind der Krieg in Dafur, wo es den Chinesen um die Sicherung von Öl geht, der Krieg im Irak (Öl) sowie im Kongo und Liberia (Rohstoffreichtum). Es muss davon ausgegangen werden, dass solche Konflikte in den nächsten Jahrzehnten stark zunehmen, insbesondere um Öl und Wasser. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, ist eine Gleichgewichtsökonomie im Gegensatz zur Wachstumsökonomie anzustreben. Hierzu gibt es verschiedene Ansätze, wie z. B. die Nachhaltige Ökonomie (s. Netzwerk und Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie 2011/2012 im Bennpunkt Wachstum: www.nachhaltige-oekonomie.de oder die Postwachstumsökonomie: www.postwachstumsoekonomie.org. Diese Ansätze müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden, um die Lebensgrundlagen für die Menschheit zu erhalten. Das Wachstumsparadigma ist durch ein Nachhaltigkeitsparadigma zu ersetzen.
Materieller Wohlstand
Nicht nur die Landesregierung versucht über Wachstum und Konsumanreize den materiellen Wohlstand der Bevölkerung zu erhalten. Der Konsum hat einen großen Anteil an den Treibhausgasemissionen in Deutschland und muss daher reduziert werden. Hinzu kommt der erhebliche Ressourcenverbrauch des Konsums.
Die Zahlen aus der Abbildung oben stammen vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (2007) http://www.ifeu.de/energie/pdf/UBA_IFEU_CO2_Rechner.pdf bzw. Pendos CO2-Zähler (Seite 17, nur noch antiquarisch erhältlich) und dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes.
Da wir den peak oil wahrscheinlich bereits überschritten haben und in den nächsten Jahren vor dem peak everything stehen, müssen wir – um allen jetzt lebenden Menschen und zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen – endlich nachhaltige Lebensstile etablieren.
Wir fordern, den Entwurf zum Klimaschutzgesetz den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen. Gleichzeitig müssen gesetzliche Aktivitäten zu einer zukunftsfähigen Entwicklung NRWs im Sinne der Agenda 21 ergriffen werden.
Hierzu ist es auch notwendig, auf Ebene der Landesregierung kurzfristig Ideen zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem zu entwickeln und umzusetzen.
Anhang: Einsparung der zukünftigen Treibgas-Emissionen in Deutschland
Jahr | CO2eq/Kopf [t] (BRD) |
Einsparung [%] ** |
Jahr | CO2eq/Kopf [t] (BRD) |
Einsparung [%] ** |
1990 | 15,23 | 2029 | 1,95 | 83,3 | |
2009 | 11,20 | 2030 | 1,77 | 84,8 | |
2010 | 11,70 | 2031 | 1,61 | 86,2 | |
2011 | 10,64* | 9,0 | 2032 | 1,47 | 87,4 |
2012 | 9,69 | 17,2 | 2033 | 1,34 | 88,6 |
2013 | 8,82 | 24,6 | 2034 | 1,22 | 89,6 |
2014 | 8,02 | 31,4 | 2035 | 1,11 | 90,5 |
2015 | 7,30 | 37,6 | 2036 | 1,01 | 91,4 |
2016 | 6,64 | 43,2 | 2037 | 0,92 | 92,2 |
2017 | 6,05 | 48,3 | 2038 | 0,83 | 92,9 |
2018 | 5,50 | 53,0 | 2039 | 0,76 | 93,5 |
2019 | 5,01 | 57,2 | 2040 | 0,69 | 94,1 |
2020 | 4,56 | 61,1 | 2041 | 0,63 | 94,6 |
2021 | 4,15 | 64,6 | 2042 | 0,57 | 95,1 |
2022 | 3,77 | 67,8 | 2043 | 0,52 | 95,5 |
2023 | 3,43 | 70,7 | 2044 | 0,47 | 96,0 |
2024 | 3,12 | 73,3 | 2045 | 0,43 | 96,3 |
2025 | 2,84 | 75,7 | 2046 | 0,39 | 96,6 |
2026 | 2,59 | 77,9 | 2047 | 0,36 | 96,9 |
2027 | 2,35 | 79,9 | 2048 | 0,32 | 97,2 |
2028 | 2,14 | 81,7 | 2049 | 0,30 | 97,5 |
138,21 | |||||
* Zahlen für 2011 liegen noch nicht vor | |||||
** Einsparung jeweils 9 % gegenüber dem Vorjahr
Diese Stellungnahme wurde an den Präsidenten des Landtages Nordrhein-Westfalen, Herrn Eckhard Uhlenberg, zur Verbändeanhörung zum Gesetzentwurf gesandt. Das Protokoll zur Anhörung wird Anfang März zur Verfügung stehen. |
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