5. Indikatoren

Um beurteilen zu können, ob die politischen Beschlüsse des Bochumer Stadtrates und seiner Ausschüsse sowie das Verwaltungshandeln im Einklang mit den vom Rat am 28.06.2001 beschlossenen Agendaleitlinien stehen, müssen Messgrößen festgelegt werden. Diese Messgrößen werden im folgenden Indikatoren genannt.

Der AkU hat zur Naturschutz-Leitlinie einen Indikatorenvorschlag vorgelegt, welcher in der Agenda-Beiratssitzung am 16.03.05 beschlossen wurde: Die Programmgruppe arbeitet die vorliegenden Ergänzungen, einschließlich die von Frau Wolf und Herrn Dr. Franke eingereichten Nachträge in das Bochumer Indikatoren-Set ein.

In der darauf folgenden Sitzung am 08.06.05 wurde dieser Beschluss zu Gunsten eines knappen, in der Regel aus 2 Indikatoren pro Leitlinie bestehenden, Indikatoren-Sets wieder gekippt: Die in der März-Sitzung ebenfalls beschlossenen Vorschläge von Herrn Dr. Franke werden auf Wunsch des interfraktionellen Arbeitskreises zunächst zurückgestellt.

Am 31.08.2006 hat der Rat das Bochumer Indikatoren-Set beschlossen.

Für die Naturschutz-Leitlinie 10 der Bochum-Agenda 21 ‒ Für die Bochumer Pflanzen- und Tierwelt werden ausreichend große Lebensräume erhalten oder wiederhergestellt, so dass für alle Arten ein langfristiges Überleben gesichert ist ‒ schlägt der AkU folgende Indikatoren vor:

  1. Versiegelungsgrad in Prozent der Stadtfläche
    Da dieser Indikator keine Aussage über die Qualität der Freifläche macht, müssen weitere Indikatoren hinzu kommen.
  2. Fläche der Landschaftsschutzgebiete in Prozent der Stadtfläche
    Da hier nur ausgesagt wird, dass die Landschaft, z. B. wegen ihrer Schönheit und Vielfältigkeit, zu schützen ist, müssen weitere Indikatoren dazu kommen.
  3. Fläche der Naturschutzgebiete in Prozent der Stadtfläche
    Da hier nur ausgesagt wird, dass zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung in diesem Gebiet seltene und gesetzlich geschützte Tier und Pflanzenarten vorkommen, müssen weitere Indikatoren hinzu kommen.
  4. Größe und Zerschneidungsgrad der Schutzgebiete
    Da die Größe und der Zerschneidungsgrad noch keine eindeutigen Aussagen über die langfristigen Überlebenschancen der im Schutzgebiet vorkommenden Pflanzen- und Tierarten macht müssen weitere Indikatoren hinzukommen.
  5. Pflege- und Entwicklungspläne für Landschafts- und Naturschutzgebiete (Anzahl im Verhältnis zur Gesamtzahl und zur Gesamtfläche der jeweiligen Gebietsschutzkategorie).
    Da Pflege- und Entwicklungspläne nur zum Erhalt oder zur Verbesserung der Schutzgebiete beitragen, wenn sie auch umgesetzt werden, müssen weitere Indikatoren hinzu kommen
  6. Anzahl der umgesetzten kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Pflegemaßnahmen in Bezug auf die Gesamtzahl der Pflegemaßnahmen eines Schutzgebietes und zusätzlich zur Summe aller Schutzgebiete.
    Da hiermit der notwendige Genaustausch zwischen den Pflanzen- und Tierpopulationen nicht sichergestellt ist, müssen weitere Indikatoren hinzukommen.
  7. Vorhandensein eines Biotopverbundsystems. (Anzahl der vorhandenen Verbünde zwischen den Naturschutzgebieten über Wanderkorridore und Trittsteinbiotope. Anzahl der miteinander verbundenen Naturschutzgebiete im Verhältnis zur Gesamtzahl der Naturschutzgebiete).
    Da hiermit noch keine Aussage über die Biotoptypen sowie Pflanzen- und Tierarten gemacht wird, müssen weitere Indikatoren hinzukommen.
  8. Vorhandensein der heute in Bochum vorkommenden Biotoptypen im Bezug auf die in den letzten 100 (?) Jahren vorkommenden Biotoptypen (Fläche).
    Da hiermit noch keine Aussage über die vorkommenden Arten gemacht wird,müssen weitere Indikatoren hinzukommen.
  9. Vorhandensein der Leitarten in überlebensfähiger Populationsgröße im Bezug auf die zu erwartenden Leitarten.
    Weiterhin müssen Aussagen über die Qualität der Biotope getroffen werden. Dies ist über die Leitarten nur bedingt möglich.
  10. Beispielsweise könnte dies für kleine Fließgewässer (gehören nicht alle dem gleichen Biotoptyp an) wie folgt aussehen:
    • Länge der Fließgewässer im Vergleich zur Länge der Fließgewässer vor 100 (?) Jahren.
    • Länge der Fließgewässer mit Sohlschalen im Verhältnis zur Gesamtlänge der zurzeit vorhandenen Fließgewässer. (Für weitere Biotoptypen müssten entsprechende Kriterien festgelegt werden.)

Für alle Indikatoren müssen Messgrößen und Ziele und ein Zeitraum, in dem diese Ziele erreicht werden sollen, festgelegt werden. Hierzu müssen Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden, mit denen die Ziele erreicht werden können. Die Leitlinien und Indikatoren sollten sich – soweit wie möglich – an die Leitlinien und Indikatoren auf Bundes- und Landesebene anlehnen und einen Vergleich mit anderen Städten zulassen. Zumindest im Energiebereich kann man hier auf die Indikatoren des Landes (www.indikatoren.nrw.de) zurückgreifen, welche unter Beteiligung vieler Städte aus NRW entwickelt wurden.

Für die oben vorgeschlagenen Indikatoren müssen die Ziele, die Maßnahmen zur Zielerreichung und der Zeitrahmen noch festgelegt werden. Hierzu sollte eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Beiratsmitgliedern, den Fachbereichen der Verwaltung (z. B. je eine Person aus der Unteren Landschaftsbehörde und dem Grünflächenamt), der Biologischen Station östliches Ruhrgebiet, aus den Umweltverbänden, der Ruhruniversität (Biologie, Geographie) und Ökologen aus Landschaftsplanungsbüros eingerichtet werden.

Ähnliche Arbeitsgruppen sollten zur Erarbeitung der Indikatoren für alle Leitlinien eingerichtet werden.
Die Einbeziehung der Fachstellen aus der Stadtverwaltung ist notwendig, da nur diese Personen wissen, welche Indikatorensysteme bereits existieren, ohne dass diese bisher als solche benannt werden und welche Indikatoren mit welchem Aufwand zu erfassen sind.
Hierzu müsste der Ratsbeschluss, dass die Indikatoren vom Agendabeirat und der RUB zu erarbeiten sind gegebenenfalls geändert werden.

Das offizielle Bochumer Indikatoren-Set

Am 31.08.2006 hat der Rat der Stadt Bochum das Bochumer Indikatoren-Set beschlossen. Es umfaßt in der Regel zwei Indikatoren pro Agendaleitlinie und ist damit wenig geeignet, den Einklang politischer Beschlüsse und von Maßnahmen der Verwaltung hinreichend zu beurteilen.

Die Programmgruppe (= Gremium, welches die Beiratssitzungen vorbereitet) und weitere Beiratsmitglieder haben in einem ganztägigen Workshop am 10.02.2007 eine Systematik zum Umgang mit den Indikatoren, Schnittstellen und Beziehungen der Leitlinien untereinander und einen Handlungsrahmen erarbeitet und am Beispiel der Leitlinie 5 (Begrenzung der Umweltbelastung) vier ausgewählte Indikatoren zum Einstieg in die Diskussion einer Umsetzungsrealisierung vorgestellt. Die ersten Überlegungen zum Indikator CO2-Emissionen werden im Folgenden wiedergegeben. Die übrigen drei Indikatoren sowie die zu weiteren Umwelt- bzw. Naturschutzleitlinien werden zu gegebenem Zeitpunkt behandelt.

Hinweis: Einfügungen des AkU sind kursiv ausgezeichnet.

Indikator CO2-Emissionen

CO2-Emissionen pro EinwohnerIn (neu, = im Workshop am 10.02.2007 vorgeschlagen) (alt (= vom Rat verabschiedeter Vorschlag): Entwicklung der CO2-Emissionen im Verhältnis zur Entwicklung der Produktivität und pro Kopf))

Daten

  • 1990: 5,03 Mio. Tonnen geteilt durch y EinwohnerInnen (Klimaschutzkonzept)
  • 1999: 4,5 Mio. Tonnen geteilt durch 397.638 EinwohnerInnen = 11,32 Tonnen CO2 pro EinwohnerIn und Jahr (11,32 Tonnen täuscht eine Genauigkeit vor, welche nicht gegeben ist)

Aussagequalität

  • Daten veraltet, aktuelle Werte fehlen
  • Entwicklung der CO2-Emissionen im Verhältnis zur Entwicklung der Produktivität nicht zu ermitteln (?)
  • Bezug auf Einwohnerzahl nur ein erster Ansatz, Datenherkunft/Qualität unklar (Wie sind die Daten entstanden?)

Ziele

  • Senkung von 1990 bis 2010 um mindestens 23 Prozent (Ziel nach Bochumer Klimaschutzkonzept)
  • Senkung von 1990 bis 2010 um mindestens 50 Prozent (langfristiges Ziel (bis 2010?) nach Klimabündnis)
    Hinweis: dies stimmt nicht mehr, das Klimabündnis hat im Mai 2006 neue Ziele festgelegt.

Räumliche Ebene

nur Gesamtstadt sinnvoll

Maßnahmen/Steuerungsmöglichkeiten/Umsetzungsstrategie

  • Umsetzung von Maßnahmen laut Klimaschutzkonzept: …
  • European Energy Award
  • Energiepass
  • Senkung der CO2-Emissionen durch Appell, Aufklärung, Beratung, finanzielle Anreize, Bonussysteme/Vergünstigungen für CO2-Einsparung.
  • Anreiz an Opel nur noch 5-Liter-Autos zu bauen
  • Anreiz den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren
  • Förderung des ÖPNV
  • Eis-Schätzwette (Eisblockwette)

Der AkU hält diese Maßnahmen für nicht im geringsten geeignet die notwendigen CO2-Reduktionen auch nur annähernd zu erreichen (siehe Indikatoren zu CO2-Emissionen)

Mögliche Erweiterungen/Zusätzliche Indikatoren

  • weitere Jahreszahlen beispielsweise 1960, 1970, 1980, 2000, 2006; Entwicklung im Zeitverlauf muss erkennbar sein
  • CO2-Emissionen nach den Bereichen Verkehr, Industrie/Gewerbe, Privathaushalte als Ersatz für den ursprünglichen Vergleichswert „Produktivität“, das heißt der Faktoreneinsatz durch/zu Faktorenertrag (Daten liegen nicht vor)
  • vermutlich sofort verfügbarer erster (Ersatz)Indikator: Energieverbrauch pro Kopf der privaten Haushalte bei Berücksichtigung der CO2-relevanten Energieerzeugung (Atom, Regenerativ, Verbrennung)
  • andere Schadstoffe auch erfassen
    • Schwefeldioxid (praktisch Bedeutungslos, da die Immissionskonzentration heute – bedingt durch die Großfeuerungsanlagenverordnung aus Ende der Achtziger Jahre und durch die Begrenzung von Schwefel im Heizöl und Benzin – kaum über der natürlichen Hintergrundkonzentration liegt)
    • Stickstoffdioxid
  • Schadstoffemission pro Personenkilometer
  • Lärmbelastung durch Verkehr

Der AkU-Vorschlag zum Indikator CO2-Emission

1) An der Diskussion zur Umsetzung des Bochumer Indikatoren-Sets ist jeweils mindestens ein Vertreter aus der städtischen Fachverwaltung zur betreffenden Leitlinie zu beteiligen.

Begründung: Der Verlauf der bisherigen Diskussion hat gezeigt, daß viele Fachfragen während der Diskussion nicht geklärt werden können und die weitere Diskussion einen nicht zielgerichteten imaginären Verlauf nimmt, der mit einem unnötigen Zeitaufwand aller Beteiligten verbunden ist. Ein Ergebnistransfer über das „Nadelöhr“ Agendabüro in die Verwaltung und von dort zurück in den Beirat führt zu Zeitverzögerungen, Informationsverlust und verhindert eine direkte, offene Diskussion und die Bildung einer Vertrauensbasis mit den Personen, welche die Ergebnisse letztlich umsetzen sollen.

2) Die Redukion des CO2-Austoßes pro Kopf der Bochumer Bevölkerung ist in spätestens 15 Jahren von ca. 10.100 kg (aktueller Durchschnitts-Pro-Kopf-Ausstoß eines Bundesbürgers) auf deutlich unter 3.300 kg (Weltdurchschnitt) zu senken. Weiterhin ist der Ausstoß bis 2050 nochmals um ein Drittel zu senken, da bis dahin die Weltbevölkerung um 50 % zunehmen wird. Für die übrigen klimawirksamen Emissionen, welche für 50 % der Klimaveränderungen verantwortlich sind, (Halogenierte Kohlenstoffverbindungen, Kohlenwasserstoffe und Stickoxide als Vorläufer von Ozon, Methan und Distickstoffoxid (Lachgas aus der konventionellen Landwirtschaft/Stickstoffdünger) sind Maßnahmen mit ähnlich hohem Minderungspotential zu erarbeiten.

Begründung: Für die Reduktionsziele sind nicht die Vorgaben des Klimabündnisses (diese wurden im Mai 2006 von der Mitgliederversammlung aufgeweicht und neu festgelegt, also zu einem Zeitpunkt als der IPCC-Bericht von 2007 nicht bekannt war) sondern das Verständnis der Zukunftsfähigkeit im Rahmen der Agenda (schließlich kommen die Vorschläge aus dem Agendabeirat) zu wählen. Im Rahmen einer globalen Gerechtigkeit steht jeder Bochumer Bürgerin/jedem Bochumer Bürger maximal eine CO2-Produktion in Höhe des Weltdurchschnitts zu. Da wir aber wissen, daß der heutige CO2-Ausstoß zu erheblichen Klimaveränderungen führt, muß das Reduktionsziel deutlich größer sein. Für die Erreichung dieses Zieles halten die Wissenschaftler des IPCC (www.ipcc.ch/ www.ipcc-data.org) einen Zeitraum von 10, allerhöchstens jedoch von 15 Jahren für zwingend geboten, um die Auswirkungen der Klimaveränderungen in einem gerade noch akzeptablen Rahmen zu halten (maximal 2°C Temperaturerhöhung, 0,9°C sind bereits erreicht). Die übrigen klimarelevanten Treibhausgase werden leider in der Öffentlichkeit, in der Politik und in der Verwaltung nicht wahrgenommen und diskutiert, obwohl sie für die Hälfte der Effekte verantwortlich sind.

3) Die Bochumer Politik und Verwaltung nutzt alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten um den Neubau von CO2-produzierenden Kraftwerken zu verhindern. Hierzu legen sowohl die Ratsfraktionen als die Verwaltung ein erstes Konzept in der nächsten Beiratssitzung vor.

Begründung: Der zur Zeit geplante Neubau von Braunkohle-, Steinkohle- und Erdgaskraftwerken zementiert den mit der Stromerzeugung verbundenen CO2-Ausstoß auf viele Jahrzehnte. Hier müssen dringend andere Weichenstellungen hin zu weitgehend CO2-freier Energieerzeugung erfolgen. Eine Abscheidung und Endlagerung von CO2 ist zur Zeit technisch nicht machbar, verbraucht große Mengen an Energie und birgt viel zu große Risiken einer späteren CO2-Freisetzung.

Ähnliche Artikel:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert